Lange Zeit stand jeder Monteur spätestens um 7 Uhr in der Werkstatt, der Altmeister auch gern um 5.30 Uhr. Doch in einer sich wandelnden Arbeitswelt, in Arbeitgeber es schwer haben gutes Personal zu finden, haben auch Handwerksbetriebe erkannt, dass sie sich anpassen müssen. Flexible Arbeitszeitmodelle sind mittlerweile nicht nur in Büroberufen, sondern auch im Handwerk gefragt und werden zunehmend genutzt.
Bedeutung flexibler Arbeitszeitmodelle im Handwerk
Der Wandel der Arbeitszeitmodelle im Handwerk kommt nicht überraschend. Studien zeigen, dass Beschäftigte, die Einfluss auf ihre Arbeitszeit nehmen können, zufriedener sind und entsprechend länger im Betrieb bleiben. Flexible Arbeitszeiten ermöglichen es den Beschäftigten, ihre privaten Bedürfnisse und Verpflichtungen besser in den Arbeitsalltag zu integrieren. Kinderbetreuung, Pflege von Angehörigen oder auch Engagement im Fußballverein gehören zum Alltag vieler Monteure.
Nach einer Erhebung des Statistischen Bundesamtes haben knapp 21 Prozent der Beschäftigten im Handwerk Einfluss auf Beginn und Ende ihrer Arbeitszeit. Zum Vergleich: Bei Bürokräften sind es 50 Prozent, bei Führungskräften sogar 70 Prozent. Es besteht also ein deutlicher Unterschied zwischen Branchen und Verantwortung.
Herausforderungen für Handwerksbetriebe
Warum sind flexible Arbeitszeitmodelle im Handwerk nicht so verbreitet wie in anderen Branchen? Auch wenn hier sicherlich ein gewisses Traditionsbewusstsein eine Rolle spielt, so sind auch die Vorgaben des Arbeitszeitrechts und des Arbeitsschutzes ein möglicher Grund. Diese schränken die von vielen Beschäftigten gewünschte Flexibilität ein und lassen dem Handwerk nur wenig erkennbaren Spielraum. Die geltenden Regelungen zur täglichen Arbeitszeit und deren Erfassung lassen scheinbar keine größere Flexibilität zu.
Auch die Kontrolle der Arbeitszeiten spielt eine Rolle. Viele Elektriker und Haustechniker befürchten, die Kontrolle in ihren Betrieben zu verlieren, wenn die Beschäftigten Freiheiten ausnutzen. Beispiele von Betrieben, die bereits flexible Arbeitszeitmodelle eingeführt haben, zeigen jedoch, dass diese Befürchtungen oft unbegründet sind. Vielmehr überwiegen in der Regel die Vorteile.
Flexible Arbeitszeitmodelle im Handwerk
Trotz der Herausforderungen setzen immer mehr Handwerksbetriebe auf flexible Arbeitszeitmodelle. Dabei gibt es verschiedene Modelle, die individuell an die Bedürfnisse des Betriebes angepasst werden können.
Gängige Modelle sind
1. gleitende Arbeitszeit
Bei der Gleitzeit kann der Arbeitnehmer innerhalb eines bestimmten Rahmens seine Arbeitszeit selbst bestimmen. So kann z.B. vereinbart werden, dass die Arbeit zwischen 6.00 und 9.00 Uhr beginnt und frühestens um 15 Uhr endet. Dadurch erhöht sich die Flexibilität für die Beschäftigten.
Wichtig ist, dass die Unternehmen klare Regelungen über Plus- und Minusstunden treffen und ein Arbeitszeitkonto führen, um die Stunden zu erfassen. Die gleitende Arbeitszeit eignet sich vor allem für Unternehmen, die ihren Beschäftigten mehr Flexibilität einräumen wollen und über einen gewissen Spielraum im betrieblichen Ablauf verfügen.
2. Kernarbeitszeit
Während dieser Zeit müssen alle Arbeitnehmer anwesend sein. Die genaue Definition der Kernarbeitszeit kann von Betrieb zu Betrieb variieren, wichtig ist jedoch, dass die Beschäftigten während dieser Zeit nicht unentschuldigt fehlen dürfen.
Die Kombination von Kernarbeitszeit und flexiblen Arbeitszeitmodellen ermöglicht eine gute Balance zwischen Flexibilität und betrieblicher Organisation. Sie eignet sich für alle Unternehmen, die bestimmte Anwesenheitszeiten sicherstellen müssen, ihren Mitarbeitern aber gleichzeitig mehr Freiheiten einräumen wollen.
So können z.B. Kundenbesuche in die Kernarbeitszeit fallen, aber es bleibt den Beschäftigten überlassen, ob sie ihre Bürotätigkeiten oder vorbereitende Arbeiten am frühen Morgen oder nach den Kundenbesuchen erledigen.
3. Funktionszeit
Beim Funktionszeitmodell legt das Unternehmen keine festen Arbeitszeiten für die Beschäftigten fest, sondern gibt vor, wann bestimmte Arbeitsbereiche funktionsfähig sein müssen. Das Team organisiert dann selbst, wer welche Zeiten übernimmt. Dieses Modell erfordert eine hohe Eigenverantwortung der Beschäftigten und eignet sich vor allem für Betriebe, in denen die Beschäftigten ihre Arbeitszeiten flexibel gestalten können, z.B. bei Neubau- oder Sanierungsprojekten in Elektro- oder Bauhandwerk.
Wichtig ist, dass die Betriebe einen hohen Abstimmungsbedarf haben und die Kommunikation zwischen Beschäftigten und Vorgesetzten gut funktioniert. Mit dem Funktionszeitmodell können kleine Teams und Trupps ihre Arbeitszeit weitgehend selbst bestimmen, was zu einer besseren Work-Life-Balance führen kann.
Erfolgreiche Beispiele flexibler Arbeitszeitmodelle im Handwerk
Es gibt bereits zahlreiche Handwerksbetriebe, die flexible Arbeitszeitmodelle erfolgreich eingeführt haben. Ein Beispiel ist ein SHK-Betrieb mit fünfzehn Beschäftigten. Die Mitarbeiter sind in zwei Schichten eingeteilt, die abwechselnd eine Fünf- und eine Vier-Tage-Woche haben. So ist sichergestellt, dass der Betrieb auch bei krankheitsbedingten Ausfällen von Montag bis Freitag weiterarbeiten kann, die Mitarbeiter aber zwei lange Wochenenden im Monat gewinnen.
Flexible Arbeitszeitmodelle lassen sich im Handwerk erfolgreich umsetzen. Die Mitarbeiter sind zufriedener, es gibt weniger Krankmeldungen und die Produktivität steigt. Auch die Kunden haben keine Probleme mit den neuen Arbeitszeitmodellen.
Fazit: Zukunft der Arbeitszeitmodelle im Handwerk
Für Handwerksbetriebe ist es wichtig, ihre Arbeitszeitmodelle an den Bedürfnissen der Beschäftigten und den betrieblichen Erfordernissen auszurichten. Die starren Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes und des Arbeitsschutzes sollten überdacht werden, um den Betrieben mehr Flexibilität zu ermöglichen. Flexible Arbeitszeitmodelle sind ein Mittel, um Mitarbeiter zu binden, die Motivation zu steigern und eine bessere Work-Life-Balance zu ermöglichen.
Das Handwerk befindet sich im Wandel und flexible Arbeitszeitmodelle sind ein wichtiger Bestandteil dieses Wandels. Es ist an der Zeit, die Möglichkeiten flexibler Arbeitszeiten im Handwerk zu erkennen und umzusetzen, um den Anforderungen der modernen Arbeitswelt gerecht zu werden.